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WELT-Interview zu Anschlag in Halle

Nach dem antisemitisch motivierten Attentat in Halle verleumdet CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer (nach Herrmann, Söder, Dobrindt, Seehofer und Michael Roth) heute auf dem Deutschlandtag der Jungen Union die AfD als "politischen Arm des Rechtsradikalismus": statt Argumente bei der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem politischen Konkurrenten zu suchen, wird dieses Verbrechen mittels Diffamierung und kraftmeierischer Sprache instrumentalisiert, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Damit soll nicht nur die AfD geschädigt, sondern die politische Debatte um Fehler und Versäumnisse der Regierungsparteien überhaupt abgewürgt werden; Schaden dabei nimmt die Demokratie insgesamt. Lesen Sie zum Thema hier Auszüge aus meinem Interview mit der WELT:

WELT: Herr Curio, welche politischen Forderungen ergeben sich für die AfD aus den rechtsextremistisch motivierten Morden an Walter Lübke sowie jetzt in Halle?

Gottfried Curio: Nach dem Terroranschlag in Halle ist eine antisemitische Straftat mit mehreren Toten zu beklagen. Dass dieser Anschlag glücklicherweise nicht in dem vom Täter geplanten Umfang möglich war, ist den Sicherheitsmaßnahmen an der Synagoge zu verdanken. Aber: Die Synagoge war – noch dazu an dem hohen jüdischen Feiertag Jom Kippur – nicht eigens polizeilich gesichert. Folglich ist die Prävention zum Schutz besonders gefährdeter Einrichtungen definitiv verbesserungsfähig.

WELT: Sie sprachen von einer antisemitischen Straftat, aber die Frage bezog sich auf Rechtsextremismus, was in diesem Fall angebracht ist. Denn bei dem mutmaßlichen Mörder von Halle ist der Antisemitismus offensichtlich Teil eines geschlossen rechtsextremistischen Weltbildes. Sein Hass richtet sich auch gegen Feministinnen und Muslime, er schoss in einen Döner-Laden und tötete dort einen Menschen. Daher also aus aktuellem Anlass noch einmal die Frage, welche Maßnahmen gegen rechtsextremistische Gewalttäter nötig sind.

Curio: Sie haben völlig Recht. Antisemitismus kann es rechts, links und islamistisch geben, in diesem Fall handelt es sich nach allem, was bisher bekannt ist, um einen rechtsextremistisch motivierten Täter. Über ihn erfahren wir nun, dass er im Netz vor der Tat ein Pamphlet veröffentlichte, in dem er seine gewaltbereite rechtsextremistische Gesinnung kundtat. Daraus folgt: Es ist sehr wichtig, dass der Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit der Polizei bei den ersten erkennbaren Anzeichen für Extremismus bei einem offensichtlichen Einzeltäter, der seine Gesinnung eventuell vorlaufend im Netz outet, ein besonderes Augenmerk auf ihn richtet.

WELT: Gab es in dieser Hinsicht Versäumnisse oder strukturelle Mängel, die zu beheben wären?

Curio: Nach jeder Gewalttat, die immer eine zu viel ist, darf man der Meinung sein, dass mehr Überwachungskräfte eingesetzt werden müssten. Wenn also eine Verstärkung der Aufklärungskräfte nötig ist, dann wäre diese dringend umzusetzen.

[...]

WELT: Die AfD thematisiert immer wieder, dass nach ihrer Auffassung linke Parteien Sympathien für linksradikale und linksextreme Gruppierungen äußern und damit dort Gewaltbereitschaft fördern würden. Gemäß dieser Logik Ihrer Partei stellt sich die Frage, wie es die AfD verhindern kann, durch Sympathiebekundungen für rechtsradikale und rechtsextreme Gruppierungen eine Gewaltbereitschaft im rechten Milieu zu fördern.

Curio: Die Voraussetzung Ihrer Frage ist nicht gegeben, weil es keine Sympathiebekundungen der AfD für Rechtsradikale oder Rechtsextremisten gibt. Vielmehr ist die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit eine Kernforderung der AfD. Und dies auch, um der möglichen Verbreiterung extremistischer Tendenzen entgegenzuwirken, wie sie vor allem dort befördert wird, wo massenhaft struktureller Judenhass ins Land gelassen wird, und zwar unnötigerweise. Unnötigerweise – aufgrund des sogenannten Selbsteintritts Deutschlands bei den Dublin-Regeln zum Umgang mit der Migration; gemeint ist die Abkehr vom Prinzip der Zuständigkeit des Erstzutrittstaats. Da werden Personen ins Land gelassen, zu denen Hochrisikogruppen des islamistischen Antisemitismus gehören. Hier würde eine neue politische Weichenstellung jüdisches Leben in Deutschland wieder wesentlich sicherer machen.

In Berlin finden alljährlich antijüdische Demonstrationen statt, die aus dem islamistischen und linksradikalen Bereich angefeuert werden. Bei diesem Antisemitismus besteht sehr großer Handlungsbedarf. Das zeigen auch Zahlen: 2018 hat der Generalbundesanwalt 855 Ermittlungsverfahren zum islamistischen Terrorismus eingeleitet, aber beim Rechts- und auch Linksterrorismus war die entsprechende Zahl einstellig. Das Problem des islamistischen Terrorismus ist also um den Faktor 100 größer. Das heißt: So schrecklich Taten wie die gestrige sind, so groß sind angesichts des Islamismus die Defizite bei der Reaktion auf den gewaltbereiten Antisemitismus. Wer die Sicherheitslage von Juden in Deutschland verbessern will, muss sich auch an einem Tag wie diesem fragen, ob er die größte Gefahr erkennt und zu den nötigen Weichenstellungen bereit ist.

WELT: Warum sprechen Sie über Islamismus, obwohl es in der Frage um Rechtsextremismus ging?

Curio: Ich spreche über Extremismus und zitierte die tatsächlichen Zahlen der Verfahren des Generalbundesanwalts. Sie sagten, dass die AfD linken Parteien vorwirft, auf dem linksextremistischen Auge blind zu sein. Dafür gibt es Belege. Ich selber kenne hier in Berlin einen Fall, wo ein Mitglied der Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus sich mit einer größeren Antifa-Gruppe ganz offen an Nötigungshandlungen beteiligt hat. Daraufhin haben Sie dann eine entsprechende Beziehung zwischen der AfD und Rechtsextremen ableiten wollen, und ich habe darauf hingewiesen, dass es diese Beziehung nicht gibt.

WELT: Ich habe vorhin lediglich eine Frage in den Raum gestellt. Die hat ihren Grund unter anderem darin, dass bei der Demonstration führender AfD-Politiker in Chemnitz zahlreiche rechtsextremistische und teilweise gewaltbereite Personen anwesend waren. Daraus folgte meine Frage: Muss die AfD, wenn sie Gewaltförderung durch Sympathiebekundungen bei Linken für möglich erachtet, nicht selbstkritisch prüfen, ob sie beispielsweise durch die Ermöglichung gemeinsamer Demonstrationen mit Rechtsextremisten gewaltfördernd wirkt?

Curio: Die Kritik an den Beziehungen zwischen linken Parteien und der Antifa ist dadurch gedeckt, dass linksextremistische Gruppen durch jene Parteien tatsächlich unterstützt werden. In Chemnitz hingegen gab es eine breite Bewegung von Bürgern im Protest gegen einen Mord durch einen abgelehnten Asylbewerber, der nicht im Abschiebegewahrsam war. Die Demonstration also richtete sich gegen eine Politik, die die Voraussetzung dafür schafft, dass eine Gewalttat wie in Chemnitz überhaupt möglich wurde. Dass sich so einer Demonstration Personen anschließen, deren Weltbild man selbst nicht teilt, das lässt sich beklagen, aber nicht verhindern. Es heißt schon gar nicht, dass die AfD das Weltbild dieser Personen unterstützt, und kann deshalb erst recht nicht dafür genutzt werden, das legitime politische Ziel der AfD zu diskreditieren.

WELT: Nach Ihrer Ansicht also muss sich die AfD auch nach Halle und auch nach dem Lübke-Mord nicht fragen, ob sie unter anderem durch solche Demonstrationen eine rechte Radikalisierung fördert.

Curio: Wenn wir eine angemeldete Demonstration mit klar definierten Zielen durchführen, fördern wir nicht die Radikalisierung von Extremisten, die etwas völlig Anderes wollen als die AfD.

[...]

Wir alle wissen um die strukturellen Gefahren, denen jüdisches Leben in Deutschland ausgesetzt ist. Die bei weitem größte Rolle spielt hierbei der Islamismus, dessen Präsenz durch die Migrationspolitik der Bundesregierung massiv verstärkt wurde.

Hier das ganze Interview:

https://www.welt.de/politik/deutschland/plus201722122/Terror-in-Halle-Es-gibt-keine-Sympathiebekundungen-der-AfD-fuer-Rechtsradikale.html

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